sorry, German only at the moment
by Walter Pall
Justus von Liebig entdeckte 1855 das Gesetz vom Minimum. Es besagt, dass derjenige Faktor, der im Minimum vorhanden ist, das Wachstum begrenzt. Anders gesagt: Wenn ein Wachstumsfaktor fehlt, wird auch eine optimale Versorgung mit allen anderen Faktoren nicht das gewünschte Wuchsergebnis erbringen. Das gilt für Dünger, Wasser, Licht und andere Faktoren.
Natürlich gilt das auch für die Bonsaihaltung; und da ganz besonders. Bonsai werden unter recht künstlichen Bedingungen gehalten und wachsen selten optimal. Irgendein Faktor ist immer im Minimum vorhanden und hemmt das Wachstum. Ja, aber welcher nun genau bei einem ganz bestimmten Baum?
In der Bonsaiszene werden seit einiger Zeit zwei grundverschieden Ansätze diskutiert um dieses Problem zu lösen. Der eine ist der wissenschaftlich Ansatz. er geht davon aus, dass man alles messen kann und immer feststellen kann, was nun genau der Minimumfaktor ist. Der Mensch hat nun dafür zu sorgen, dass jeweils alle Faktoren so eingerichtet sind, dass sie das Optimum für den Baum ergeben.
Der andere Ansatz ist der pragmatische. Er geht davon aus, das man erstens niemals genau messen kann und wenn, dann nur als Punktaufnahme eines einzigen Baumes in einer einzigen Wachstumsphase. Die Bedingungen ändern sich von Baum zu Baum und die Umwelt ändert sich auch laufend. Also müsste man immer hinter herlaufen. Der Mensch kann gar nicht das Optimum für jeden Baum in jeder Stelle zu jedem Zeitpunkt festlegen. Und wenn,dann ist der Aufwand unerhört groß.
Der Pragmatiker geht davon aus, das der Baum selber der beste Spezialist für seine jeweiligen Bedürfnisse ist. Der Baum weiß, wie viel Wasser er braucht. Wenn es einen Weg gibt, dem Baum Wasser in großen Mengen zuzuführen ohne dass die in Bonsaibüchern zitierter "Staunässe" entsteht, dann könnte sich de Baum immer genau so viel Wasser nehmen wie er will. Genau das ist das Prinzip der modernen Substrate. Man kann und muss sehr reichlich wässern. Staunässe kann nicht entstehen, weil alles überflüssige Wasser entweder vom Substrat aufgesaugt wird oder abfließt. Durch die Größe der Substratpartikel kann auch bei sehr kräftigen Wassergaben immer Luft mit Sauerstoff an die Wurzeln. Ein Übergießen ist also fast nicht möglich. Der Pragmatiker schüttet also kräftig und oft Wasser auf den Baum, der sich jeweils genau das nimmt was er braucht. Der Wissenschaftler muss zu jedem beliebigen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände (Temperatur, Wachstumsphase, Lichteinfall, Tagesverlauf usw.) jeweils die richtige Wassermenge feststellen. Das ist natürlich möglich - theoretisch. Aber was für ein Aufwand! und was wird erreicht? Nun, es wird kein Wassertropfen verschwendet. Aha! Das Problem der Wasserverschwendung in der Bonsaihaltung ist also so enorm, das man all den Aufwand treiben muss? Natürlich nicht und schon gar nicht in gemäßigten Breiten. Also wozu das Ganze?
Der Wissenschaftler weiß sehr wohl, dass es um das Wassersparen gar nicht geht. Es geht um die Kombination Wasser und Dünger. Er versucht genau festzustellen, welche Nährstoffe mit welchem Wasser für welchen Baum unter welchen Umständen die richtigen sind. Das kann man natürlich. Aber was für ein Aufwand! und dann hat man nur eine Punktaufnahme. Man hat ja mehrere Bäume. Die sind verschieden groß, stehen in verschieden großen Behältern, haben ev. noch verschiedenes Substrat, sind verschiedene Arten, in verschiedenen Wachstumsphasen. Es ist wohl eher unmöglich und ganz sicher unzumutbar, für jeden einzelnen Baum zu jedem Zeitpunkt die Wasser- und Düngegabe genau fest zulegen. Also wird ein Referenzbaum hergenommen. An dem wird genau gemessen. Die anderen müssen damit leben, dass sie eine Wasser-Düngerabe erhalten, die nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch ist. Soweit so gut. Aber was ist, wenn es regnet, wenn es einige Tage am Stück regnet? Dann stimmt das Wasser nicht und gedüngt ist es auch nicht. Muss man jetzt die Bonsai vor Regen schützen? Was ist, wenn man Blattschnitt macht? Aber nicht an allen Bäumen, sondern nur an einigen. Da kann doch die Wasser-Düngermenge überhaupt nicht mehr stimmen. Was ist, wenn es einige Tag kühl wird und die Bäume kaum wachsen. Dann ist wohl die Wasser-Düngegabe zu hoch. Was ist nun, wenn organisch gedüngt wird? Da stimmt ja dann überhaupt nichts mehr. Jedenfalls in der Praxis tun sich täglich enorme Problem auf, die ein wissenschaftliches Arbeiten gar nicht zulassen. Also wird letztlich ohnehin mit ungefähren Mitteln gearbeitet werden müssen.
Der Praktiker stellt fest, das er einige Faktoren pauschal auf ein Optimum einstellen kann. Das wären jetzt z.B. Wassermenge und Licht. Die optimale Wassermenge nimmt sich der Baum selber, wenn deutlich mehr als das Optimum angeboten wird. Licht kann durch den Standort sehr gut gesteuert werden. Aber was ist mit den Nährstoffen? der Praktiker verzichtet darauf, alles selber ausmessen und festlegen zu wollen,. Er hat dazu Spezialisten. Einmal haben die Chemiefirmen mit gewaltigem Aufwand die Zusammensetzung ihrer Mineraldünger bestimmt. Was soll ein kleiner Bonsaigärter klüger sein als tausende Chemiker in den großen Düngerfirmen, was die Zusammensetzung von Dünger betrifft? Was aber wenn organisch gedüngt wird? Was aber, wenn der Mineraldünger für Kartoffeln gedacht ist und nicht für Bäume? Der Praktiker macht sich einen Spezialisten zunutze, der für jeden Baum zu jedem Zeitpunkt exakt die richtige Zusammensetzung und Menge an Nährstoffen weit besser feststellen kann als jeder Wissenschaftler. Das ist der Baum selber. Er weiß bei weitem besser, was er braucht, als jeder noch so kluge Mensch. Wenn man dem Baum nun pauschal möglichst alle allgemein notwendigen Nährstoffe und Spurenelente in vernünftigen Mengen vorlegt, dann kann er sich selber aussuchen, was er zu jedem Zeitpunkt genau braucht. Das wird er sich nehmen und das ist dann das Optimum. Nun, es kann auch das Maximum sein. Der Baum kann sich aber auch irren. Aber er irrt sich nicht so sehr wie der gut meinende Mensch.
Der Praktiker düngt also oft und viel. Er nimmt das an Dünger, was im Gartencenter jeweils im Angebot ist. Er verzichtet auf BONSAIdünger. Er nimmt verschiedene Marken. Es ist ja wohl in jedem handelsübliche Dünger so in etwa das gleiche, aber auch eben nicht genau das gleiche drin. Der Baum wird sich schon das herauspicken was er braucht. Weil die gängigsten Elemente ohnehin in allen Düngern sind, ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, viele verschiedene Dünger zu verwenden. Damit hat man mehr Chance, einige seltene Elemente zu erhalten, oder in ausreichender Menge. Es erübrigt sich aus das Rätselraten, ob nun 20:10:10 oder 10:5:5 oder Herbstdünger oder Laub- oder Nadelbaumdünger. Alles egal. Der Baum nimmt sich was er braucht. Der Rest wird ausgewaschen. Überdüngung ist nur sehr schwer möglich. Durch das häufige und aggressive Wässern bei sehr durchlässigem Substrat wird ja alles ausgewaschen, was der Baum nicht aufnimmt. Allerdings muss man sehr oft und sehr viel düngen. Am besten wäre in der Tat tägliches Düngen. In der Praxis reicht aber einmal pro Woche oder alle zwei Wochen.
Seit langem habe ich darüber nachgedacht, wie es im Kampf organischer gegen mineralischen Dünger steht. Die wissenschaftliche Literatur sagt im Prinzip: Pflanzen erkennen nicht den Unterschied zwischen "chemischen" und "natürlichen" Elementen. Stickstoff ist Stickstoff, egal, wie er erzeugt wurde. Meine Erfahrungen über viele Jahre hinweg sind die: Pflanzen erkenne sehr wohl ob sie organisch oder mineralisch gedüngt wurden. Organisch funktioniert VIEL besser. Was nun? Will ich klüger sein als Generationen von Wissenschaftlern? Es ist mir eine wenig peinlich, das sagen zu müssen, aber die Antwort is "ja". Ich meine, dass die überwiegende Mehrzahl der wissenschaftlichen Versuche von der chemischen Industrie gesponsert wurden und dass die überwiegende Mehrzahl der Wissenschaftler auf diesem Gebiet nicht neutral sind. Jedenfalls weiß ich ganz genau, dass Pflanzen DEUTLICH besser wachsen, wenn sie neben chemischem Dünger mindestens zweimal im Jahr organischen Dünger erhalten. Sie wachsen nicht etwas besser, sondern mit unübersehbaren Abstand besser. Da kann die Wissenschaft sagen, was sie will. Ergebnisse zählen und nicht Theorien.
Wie kommt das? Jetzt, wo in Bonsaikreisen plötzlich das Minimumgesetz von Liebig diskutiert wird, kam mir die Erleuchtung. Es gibt eine ganze Menge von Spurenelementen die in herkömmlichen mineralische Düngern nicht enthalten sind, nicht in der geforderten Menge oder nicht in dem gefordertem Zustand. In organischem Dünger sind die verschwindend geringen Mengen dann aber wohl enthalten. Nach dem Gesetz des Minimums bestimmt stets genau genau dieses Minimum aber den Düngeerfolg. Weil diese geheimnisvollen Stoffe im organischen Dünger sind und nicht im chemischen, funktioniert der organische eben besser. Übrigens "Scheiße hat keine Lobby", sie bringt den Chemiefirmen auch keinen Gewinn und ernährt kaum einen Professor.
Kaum ein Thema wird momentan intensiver diskutiert als die "wissenschaftliche" Methode gegen die pragmatische. Die Diskussion wird teilweise sehr emotional geführt. Es geht scheinbar nicht um Fakten, sondern um Weltanschauung. Das ist dann wie ein Religionskrieg.
Wer hat recht? Ich denke, dass ausschließlich Ergebnisse zählen. In der Humanmedizin gibt und gab es ähnliche Kämpfe. Da wurde der Spruch geprägt "Wer heilt hat recht". Wessen Patienten gesünder sind und länger leben, der hat recht, auch wenn er nicht wissenschaftlich arbeitet und im schlimmsten Fall gar nicht weiß was er richtig macht.. Wer also auf Dauer die gesündesten Bäume hat, hat recht. Es müssen nicht die gesündesten zu einem Zeitpunkt sein , sondern auf lange Sicht. Es müssen auch nicht die sein, die den meisten Zuwachs haben. Das ist bei Bonsai kein Kriterium. Die Tomatenmethode zielt auf bestmögliche Ertrag ab und es ist egal, ob die Tomate dann rasch stirbt. Das kann bei Bonsai kein Vorbild sein. Bei aufmerksamer Betrachtung vieler Sammlungen in der ganzen Welt kann ich sagen, dass meine Bäume zu den gesündesten gehören. Meine Bäume haben enorme Zuwächse, verglichen zu anderen. Mein Bäume haben enorme Verzweigung, verglichen mit andern, obwohl ich nicht pinziere. Von Überdüngung kann man nicht reden; jedenfalls gibt es dafür keine Anzeichen. Was für mich auch noch ganz enorm wichtig ist: meine Methode spart enorm viel Zeit und kosten. Mit meiner Methode kann JEDER, auch ein Nichtfachmann sehr erfolgreich Bonsai halten. Hermann Pieper von der Bonsaischule 'enger ist wohl einer der angesehensten Bonsaigärter Europas. Er war vor einigen Wochen bei mir und hat sich gespannt meine Ansichten angehört udn dann gesagt "ich wünschte, meine Bäume wären so gesund wie Deine". Was soll man mehr sagen.
Das alles wird nicht reichen um den Religionskrieg zu beenden. Es wird immer welche geben, die unbedingt alles selber ausprobieren müssen und sich nicht damit abfinden, was andere ausprobiert haben; ich bin ja selber einer von denen. Es wird immer welche geben, die die Wissenschaft über die Praxis stellen. Es wird immer welche geben, die nicht soviel zu tun haben und möglichst das ganze Wochenwende mit Berechnungen und so beschäftigt sein wollen. Es wird immer welche geben, die es nicht zulassen können, dass ein anderen recht hat.
Gerne kann jeder das tun, was er für richtig hält. Wenn dann einer etwas macht, was eindeutig bessere Ergebnisse erzielt als ich sie nun gewohnt bin, dann werde ich der erste sein, der das zu gibt und auf die andere Seite wechselt.
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